Direkt zum Inhalt
Telefonisches Tagebuch
07. November 2021

Das Hörtagebuch - Ein Projekt im Quartier

Die Idee für das "Akustische Tagebuch" von Annegret Arnold und Judith Schönicke vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München war ganz simpel: eine Woche lang war ein Anrufbeantworter geschaltet, auf dem die beteiligten Seniorinnen (wirklich nur Frauen) ihre Erinnerungen aufsprechen konnten. Die Ansage wechselte jeden Tag, immer verbunden mit einer Idee, einer Bitte, einer Aufforderung u.a.: An welche Gedichte oder Sinnsprüche können Sie sich erinnern? Was ist Ihr Lieblingsort? An welchen Bildern hängen Sie?

Welche Geräusche umgeben Sie? Von welchem Kleidungsstück können Sie sich nicht trennen? Unsere insgesamt 6 Fragestellungen hatten wir den Teilnehmerinnen vorab auch schriftlich übermittelt - in Form eines Kuverts mit 6 kleinen Briefen, für jeden Tag einen.

Unsere Aufregung, als wir am Abend des ersten Tages die eingegangenen Anrufe abhörten und sicherten, war groß. Würden uns die Teilnehmerinnen wirklich teilhaben lassen an ihren Erinnerungen? Würden sie uns Nachrichten hinterlassen und sich auf unsere Fragestellungen und Impulse einlassen? Und ob, das taten sie! Wir waren gerührt und überwältigt, was da an den 6 aufeinanderfolgenden Tagen hinterlassen wurde: detaillierte Beschreibungen, witzige Anekdoten, Gedankenspiele, Lebensweisheiten, Gesang - allesamt kostbare, sehr persönliche Erinnerungen.

Für das Aufsprechen, das konnte man sofort hören, hatten sich die Beteiligten Zeit genommen. Sie hatten sich jede auf ihre Weise mit der täglichen Fragestellung auseinandergesetzt und mit viel Lust und Genauigkeit darauf reagiert.

Als Andenken an das Projekt erhielt jede Teilnehmerin eine CD, zum einen mit einem Einzelporträt - alle eigenen Anrufe wurden hier hintereinander geschnitten - und zum anderen mit einer Gesamt-Collage aus Ausschnitten aller Anrufe. Beim gemeinsamen Anhören der Collage wurde nochmals deutlich, mit wieviel Vertrauen und Wertschätzung sich die Seniorinnen auf das Projekt eingelassen haben. Wir haben versucht, mit der gleichen Wertschätzung zu reagieren und das große Vertrauen, das uns entgegengebracht wurde, nicht zu enttäuschen.

Vielen Dank für Ihre wunderbaren Erzählungen und Schilderungen, denen man einfach gerne lauscht und die einem ganz nebenbei auch noch klar machen, was das Leben so kostbar macht: die kleinen Dinge, die Dinge am Wegesrand, die Orte an denen wir uns wohl fühlen, eine Musik, die einen das ganze Leben begleitet, ein Lächeln, das nie etwas kostet.

Wir danken Annegret Arnold und Judith Schönicke ganz herzlich für diese wunderbare Idee.